Lass dich nicht behindern !

Vor vielen Jahren las ich den Spruch: „ Man ist nicht behindert, man wird behindert“ und fand dass dieser Spruch den Nagel auf den Kopf trifft. Leider ist es aber leichter gesagt als getan denn allzu oft werden einem Steine in den Weg gelegt die man selbst mit bestem Willen nicht wegbekommt.


Beginnend bei der Rehabilitation wo Menschen mit viel Geduld und Motivation versuchen die Behinderung so erträglich wie möglich zu machen und genau hier findet man bereits den ersten Stolperstein denn nicht jeder der eine Rehabilitation braucht bekommt sie auch. Oftmals bleiben Menschen die, durch Krankheit und/oder altersbedingten Leiden, auf den Rollstuhl angewiesen sind auf der Strecke denn ihnen zeigt niemand wie man mit dem Rollstuhl umgeht und so fristen sie oft ein sehr hilfloses Dasein.


Doch nicht nur der Umgang mit dem Rollstuhl allein ist ein Garant für ein barrierefreies Leben. Das merkt man spätestens wenn man, voll motiviert und den besten Vorsätzen ausgestattet, aus der Reha kommt und sich ins Leben stürzen möchte. Genau dann bemerkt man nämlich dass die beste Rehabilitation und die tollsten Vorsätze allein nicht ausreichen um voran zu kommen denn man findet an fast jeder Ecke ein Hindernis das es zu bewältigen gilt aber nicht immer so einfach zu bewältigen ist.


Neben den offensichtlichen Behinderungen durch bauliche Barrieren wie etwa eine Treppe oder eine steile Straße gesellt sie oft auch noch die Behinderung durch mangelnde Ausrüstung. Obwohl diese Behinderung im Grunde genommen einfach zu beseitigen wäre mangelt es hier zum Teil am Wissen und zum anderen und größten Teil an der Finanzierung einer Lösung. Hier steht dem simplen Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben ein nahezu unüberwindbarer Apparat an Bürokraten gegenüber deren einziges Ziel es ist zu sparen und das oftmals ohne Rücksicht auf Verluste.


Dass aber solche Behinderungen meist noch viel weiter tragende Probleme mit sich bringen wird sehr oft übersehen oder bagatellisiert denn man ist „nicht zuständig“ oder „nicht verantwortlich“. Doch unabhängig der jeweiligen Verantwortung trägt jede dieser Entscheidungen dazu bei dass sich die Behinderung verschlimmert bzw. vergrößert. Es entsteht ein Dominoeffekt und am Ende steht Ausgrenzung und Isolation denn wer will schon etwas mit jemanden zu tun haben der nicht mal aus der Wohnung kommt.


Die einen oder anderen können sich noch mit Hilfe von Familie und Freunden über Wasser halten doch was wenn der Tag kommt an dem diese Hilfe weg fällt, aus welchem Grund auch immer ?


Ist es wirklich das erklärte Ziel dass ein, durch Rehabilitation, voll motivierter Mensch an einen Punkt ankommt wo er nur ehr darauf warten kann behindert genug zu sein um in ein Pflegeheim zu kommen und dort dann auf den Tod zu warten.


NEIN, das kann es nicht sein und in vielen Bereichen wird daran gearbeitet dass es nicht dazu kommen muss aber solange nicht alle Stellen in die gleiche Richtung arbeiten wird das nicht funktionieren. Wenn wir aber nur da sitzen und darauf warten das andere etwas dagegen tun werden wir weiterhin auf das Pflegeheim zu steuern.


Darum, lass dich nicht behindern. Nur gemeinsam können wir etwas ändern, als Einzelkämpfer erreicht man, wenn überhaupt, nur kleine Siege die am Ende nicht viel bringen. Hier zählt nur eine für alle zufriedenstellende Lösung zu finden die dem Sozialsystem gerecht wird und trotzdem dafür Sorge trägt dass jeder das bekommt was er braucht.


Es sollte jedoch jedem klar sein dass man nicht immer nur fordern kann, man muss auch geben und wenn es nur Informationen sind die anderen helfen können. Wobei hier nicht nur die Betroffenen Hilfe brauchen, auch die Entscheidungsträger, jene Menschen die viele von uns so gerne haben wie einen Juckreiz an einer Stelle an der man sich nicht kratzen kann. Diese Menschen brauchen genauso unsere Hilfe, nämlich Hilfe dabei die richtige Entscheidung zu treffen und zwar Entscheidungen, die Krankenkassen benützen dabei gerne den Ausdruck: „Das Maß der Notwendigkeit nicht überschreitend“, zu treffen die allen gerecht werden.


Ein sehr gutes Beispiel dafür ist mein eigenes Erlebnis beim Einreichen für die Kostenübernahme eines Behindertenumbaus meines Autos. Obwohl das Fahrzeug technisch einwandfrei und sehr gepflegt war, war es der Sachbearbeiterin nach Rücksprache mit einem Kollegen der Reha-abteilung einfach zu alt und zu billig. Der Antrag wurde mit dem Vermerk dass die Kosten den Kaufpreis überschreiten und es nicht gewährleistet ist das das Fahrzeug lang genug genutzt werden kann, abgelehnt. Als gelernter Kfz-Mechaniker wollte ich dies natürlich nicht auf mir sitzen lassen zumal ich das vorherige Fahrzeug 15 Jahre lang gefahren bin und setze mich mit diesem Kollegen in Verbindung. Die Erklärung die ich darauf hin hörte ließ mich sehr an seiner Kompetenz zweifeln und so versuchte ich ihm die Umstände sowie den technischen Sachverhalt zu erklären. Während dieses ungefähr 2stündigen Gesprächs stellte sich heraus dass der gute Mann nicht wusste das man den von mir gewählten Umbau mich geringen Aufwand auch in jedem weiteren Fahrzeug verwenden kann. Somit wäre es eigentlich völlig egal wie lange das jetzige Fahrzeug verkehrstüchtig wäre zumal ich ja keinen Zuschuss für den Ankauf möchte sondern nur für den Umbau. Nach dem dies geklärt war und die Firma die den Umbau durchführt schriftlich bestätigt hat das eben dieser Umbau auch in jedem anderen Fahrzeug weiter verwendet werden kann war es plötzlich kein Problem mehr und die Kosten wurden übernommen.


Wie man also sieht liegt es nicht immer nur daran das gespart werden muss sondern auch schon mal daran das nicht jeder alles weiß und genau hier lag und liegt noch immer das Hauptproblem. Fehlende Informationen und mangelnde Kommunikation bringen so „dumme“ Probleme die eigentlich gar keine sind. Wir sollten also alle immer daran denken das an der anderen Seite der Leitung auch nur Menschen sitzen, Menschen die sicher gerne helfen möchten aber denen halt auch manchmal einfach nur eine kleine Information fehlt um auch helfen zu können.


Zugegeben, es ist nicht immer leicht besonders wenn man die diversen Standardantworten bekommt und ja, es stimmt manchmal hat man schon mal jemanden an der Leitung uneinsichtig ist oder nicht verstehen will bzw. kann doch auch hier hilft reden weiter solange man freundlich bleibt auch wenn man am liebsten seinen Gegenüber erwürgen möchte. Es gibt überall auch eine andere Stelle, z.B. Ombudsstelle, wo man dann mit jemand anderen als den zuständigen Sachbearbeiter sprechen kann und die auch meist mehr Zeit haben um sich diverse Erklärungen anzuhören und dann vielleicht auch verstehen worum es geht oder wo das Problem liegt.


Sollte mal wirklich die Situation eintreffen wo man anscheinend auf Granit beißt gibt es immer noch die Volksanwaltschaft, dort sitzen Menschen die entweder Bescheid wissen oder sich zumindest die Zeit nehmen können sich darüber zu informieren.


Ein weiterer, sehr wichtiger Punkt ist die Verbreitung von Informationen. Behaltet euer Wissen nicht für euch, gebt es weiter andere werden es euch danken. Egal ob positiv oder negativ, jede Information kann helfen etwas zu ändern und durch die Weitergabe bekommt ihr vielleicht auch Infos wie ihr doch bekommt was ihr braucht. Auch das gehört dazu sich nicht behindern zu lassen denn was ich nicht weiß weis vielleicht jemand anderer und was heute niemand weiß kann vielleicht morgen schon beantwortet werden. Wir sind nur dann allein mit einem Problem wenn wir es auch zulassen.


Dank modernen Kommunikationsmitteln wie das Internet sind wir heute in der Lage schnell und einfach viele Menschen zu erreichen und das sollten wir auch nutzen um uns gemeinsam nicht behindern zu lassen.



Und nun freue ich mich schon über eure Kommentare und Informationen.